Juni 2009
Die Triebe
Der Trieb kommt von innen und geht nach außen. Er kommt aus einem Bedürfnis, ja aus einer Not. Er sucht etwas, mit dem er in Verbindung treten kann, etwas, das sein Bedürfnis stillt.
Die Triebe halten uns am Leben. Sie geben das Leben weiter und nehmen uns für das Leben in ihren Dienst. Manchmal meinen wir, wir müssten unsere Triebe zähmen und beherrschen. Doch am Ende beherrschen die Triebe uns. Gott sei Dank, denn sonst könnten wir nicht leben.
Leben können wir nur im Einklang mit unseren Trieben, indem wir ihnen folgen. Wirklich folgen können wir ihnen aber nur, wenn wir ihnen gesammelt folgen, achtsam, ihnen so weit hingegeben, wie sie uns führen.
Manche behaupten, die Triebe seien maßlos und müssten, daher gezügelt werden, as würden sie mit uns durchgehen, wenn wir sie nicht zügeln. Doch die Triebe haben ihr Maß in sich selbst und kommen zur Ruhe, wenn sie im Dienst des Lebens erfüllt sind.
Manche behaupten sogar, die Triebe ständen dem Geist und dem höheren Selbst entgegen oder dem Geistigen und dem Göttlichen. Merkwürdig, denn wo solle sie denn herkommen, wenn nicht von Gott, dem Ursprung allen Lebens?
Rilke fragt einmal im Stundenbuch: „Wer lebt es denn, lebst du es Gott, das Leben?“